Anfang und Ende: ein Vergleich

Der Stress hat offiziell begonnen. Morgen sind es nur noch 9 Tage bis zu meinem Flug, das heißt: alles muss vorbereitet werden! Der erste Umzugskarton ist schon gepackt und fertig für den Versand nach Deutschland, der Zweite schon so halb. Was Packen angeht bin ich ja immer sehr langsam. Ich packe zwei Dinge ein und muss mich dann erstmal für eine Pause hinsetzen. So dauert das natürlich, aber es muss diese Woche alles fertig werden! 
Jetzt habe ich gerade angefangen meine ganze Deko, meine Bilder, Lichterketten und Co. einzupacken. Das Zimmer sieht auf einmal so leer und unpersönlich aus. Auch wenn es irgendwie immer unordentlich war in meinem Zimmer, war ich doch ziemlich stolz, dass ich den Zimmer so einen persönlichen Touch geben konnte. Es fühlte sich irgendwann wirklich an wie mein Zimmer und sah auch danach aus. Jetzt auf einmal ist es so leer und kalt, was irgendwie ein harter Anblick ist und mir schon wieder die ganze Situation vor Augen führt.
Diese Regale waren vorher voll mit Bildern, Büchern, Lichterketten und Deko... und jetzt sieht es aus, als würde hier keiner mehr wohnen.
Diese Regale waren vorher voll mit Bildern, Büchern, Lichterketten und Deko... und jetzt sieht es aus, als würde hier keiner mehr wohnen.
Die Inspiration für diesen Eintrag kam durch einen „Fund“ beim Aufräumen. Ich habe eine Art Tagebuch gefunden, welches ich am Anfang meiner Zeit geschrieben habe, um die ganzen neuen Eindrücke und Emotionen zu verarbeiten. Und ehrlich gesagt war ich geschockt, wie sehr sich meine Ansichten und Gefühle im letzten halben Jahr geändert haben. Natürlich erinnere ich noch, dass es Tage gab, dienicht leicht waren und an denen ich Heimweh hatte, aber diese konkreten Aussagen erscheinen mir jetzt ganz schön heftig. Daher habe ich mir gedacht, dass ich mal einen kleinen Vergleich zwischen Anfang und Ende meiner Zeit hier verfasse. Achtung! Es wird lang und persönlich...

Mein erster Eintrag in dem Tagebuch ist vom 26.09.17, also 1,5-2 Monate nachdem ich hier angekommen bin. In diesem Eintrag geht es um Heimweh. Zu dieser Zeit hatte ich eine Art „Tief“, nicht wirklich ernst, aber ich hatte schon etwas mehr Heimweh. 
„Ich weiß jetzt, dass meine Familie und Freunde mir wirklich viel bedeuten und dass ich nicht ohne sie kann.“ 
Das klingt sehr dramatisch und emotional, aber das ist eine wichtige Lektion, die ich hier gelernt hab, wie sehr man die Menschen in seinem Leben braucht. Natürlich wusste ich das schon vorher, aber so richtig bewusst, wird es einem doch erst, wenn man sein gewohntes Umfeld nicht mehr um sich herum hat... Das ist wahrscheinlich die einzige Ansicht, die sich im Laufe der Zeit hier nicht geändert hat.

„Ich zweifel im Moment einfach zu viel. Und dann sehe ich Videos von den letzten zwei Monaten in Deutschland und denke: Da warst du wirklich glücklich, bist du jetzt genauso glücklich?“
Das heißt auf keinen Fall, dass ich hier jemals unglücklich war! Ich habe mich nur manchmal gefragt, ob es besser gewesen wäre, wenn ich zuhause geblieben wäre (was auf jeden Fall nicht der Fall ist!!). Die letzten paar Monate in Deutschland waren so ereignisreich und aufregend: Abi-Entlassung, Abi-Ball, Urlaub mit meinen Freunden und auch sonst viele tolle Aktivitäten, die ich sehr gerne in Erinnerung behalte. Hier in England war das natürlich erstmal anders, es war zwar interessant, aber nicht so spaßig wie eine Party mit den besten Freunden. Jetzt sehe ich das anders, ich habe hier so viel Spaß und ich bin sehr, sehr glücklich!!

„Vielleicht liegt es auch an London. Vielleicht bin ich noch nicht so ein Stadtmensch, wie ich dachte.“ - „London wird sich halt nie wie ein Zuhause anfühlen.“
Mit diesen Aussagen stimme ich jetzt auch nicht mehr überein. Klar ist London als Zuhause nicht vergleichbar mit meinem richtigen Zuhause, wo ich aufgewachsen bin, aber es ist schon eine Art zweites Zuhause geworden. Jetzt spüre ich diese Vertrautheit und ich fühle mich total wohl hier. Das heißt nicht, dass ich das Land und das Meer nicht vermisse, denn das tue ich total, wie ich in Brighton wieder bemerkt habe. Als Stadtmenschen würde ich mich also wahrscheinlich nicht unbedingt bezeichnen, aber ich kann auf jeden Fall sehr gut in der Stadt leben. Und jetzt schätze ich London wahnsinnig für all die Angebote, die es hier gibt, es ist immer was los und es ist nie langweilig. Es war also doch die richtige Wahl.
„Die anderen Au Pairs sind nicht meine Freunde... noch nicht.“ - „Hier sind zwar Leute, die ich mag und mit denen ich viel Zeit verbringe, aber in zwei Monaten oder sogar einem Jahr kann man niemals so eine tiefe Beziehung aufbauen wie in 7 Jahren.“
Diese Aussage stimmt definitiv nicht. Es klingt irgendwie heftig, wenn ich sage, dass die Au Pairs nicht meine Freunde sind. Für mich ist aber jemand, den ich seit einem Monat kenne nicht gleich ein guter Freund, da bedarf es meiner Meinung nach etwas mehr. Trotzdem mochte ich natürlich alle Leute hier von Anfang an und kann jetzt sagen, dass sie richtig gute Freunde geworden sind. Ich denke, dass man in ein paar Monaten schon eine sehr tiefe Beziehung aufbauen kann, so ist das jedenfalls mit meinen Freunden hier. Einige kennen mich vielleicht sogar besser als die meisten Freunde zuhause und ich kann ihnen alles anvertrauen, wofür ich sehr dankbar bin. In so einer kurzen Zeit sind sie mir alle so ans Herz gewachsen, weshalb es auch so schwer ist zu gehen. 

„Ich möchte das nicht alles auf Englisch erklären müssen.“
Worum es hier ging, sag ich jetzt mal nicht, aber dieser Satz passt jetzt absolut nicht mehr. Nach 10 Monaten habe ich mich so an Englisch gewöhnt, dass ich keine Scheu mehr habe und es mir total Spaß bringt, auf Englisch zu kommunizieren! 
Sinn dieses Blogposts war es zu zeigen, dass das hier eine Reise mit ganz vielen Veränderungen ist. Auf wenn es zwischendurch harte Tage gibt, hat es sich am Ende doch gelohnt. Da muss glaub ich jedes Au Pair durch und da darf man nicht so schnell aufgeben. Im September/Oktober wär es für mich ein absoluter Traum gewesen, Zuhause zu besuchen, jetzt ist es mein absoluter Traum wieder nach London zu kommen. Wenn diese Stadt und die Unis hier nicht so wahnsinnig teuer wären, hätte ich mir bestimmt überlegt, hier zu bleiben.
Aber jetzt heißt es bald „Bye Bye London“ und „Moin, Moin Oldenburg“! Bis dahin ist noch viel zu tun und es wird den ein oder anderen emotionalen Abschied geben. Eigentlich wollte ich mich gestern schon von einer Freundin verabschieden, jetzt haben wir uns drauf geeinigt, dass wir uns nächstes Wochenende nochmal sehen (obwohl ich eigentlich absolut keine Zeit habe...). Man schiebt sowas ja immer bis zum letzten Tag auf :-D

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